Gemeindezentrum Freising II
Bebauungsstudie für die Stadt Freising
Anlass und Hintergrund
Die Befassung mit der vorliegenden baulichen Aufgabe begründet sich in zwei Anlässen. Einerseits wünscht sich die islamische Gemeinde in Freising schon seit vielen Jahren einen Ort, an dem ihre
Mitglieder zusammenkommen und ihre Religion angemessen ausüben können. Andererseits benötigt die Stadt Freising dringend eine große Anzahl an PKW Stellplätzen nahe der Innenstadt um diese angemessen
für den Individualverkehr zu erschließen. Zwar gibt es heute schon einen Gebetsraum in einem bestehenden, in die Jahre gekommen Altbau, jedoch sind dieser und seine angrenzenden Räumlichkeiten
nicht groß genug und entbehren dem baulich, gestalterischen Anspruch, der an eine solche Nutzung gestellt werden darf. Gebäude und Grundstück gehören der islamischen Gemeinde. Das Grundstück nördlich
davon wurde im letzten Jahr von der Stadt Freising gekauft. Bündelt man beide Interessenlagen und die beiden nun zur Verfügung stehenden Grundstücke könnte auf diesem Areal eine einerseits eine
zweigeschossige Tiefgarage mit über hundert Stellplätzen, ein neues den heutigen Anforderungen entsprechendes Gemeindezentrum und ein Gebäude mit Mischnutzung (Gewerbe im Erdgeschoss und Büros oder
Wohnungen in den Obergeschossen) entstehen.
Städtebau und Baukörper
Die beiden beiden Gebäude von Gemeinde und Stadt bilden zusammen einen neuen Stadtblock, der gemäß der Gebäudefluchten der angrenzenden Bebauungen zugeschnitten ist. Damit wird auch der Straßenraum
der Wippenhauser Straße - insbesondere im Hinblick auf die südlich des Areals geplante zerklüftete Gebäudeanordnung - wieder gestärkt. Die beiden Gebäude stehen an der von Ost nach West
durchlaufenden Grundstücksgrenze „Rücken an Rücken“ und bilden hier eine durchlaufende, 11 Meter hohe Brandwand aus. Das gegenüber der Wippenhauser Straße gelegene Grundstück bleibt im vorliegenden
Bebauungsvorschlag frei, damit die alte Stadtmauer und damit der Rand der Kernstadt von Freising erkennbar bleibt. Um den Gehweg an der Wippenhauser Straße angemessen zu verbreitern, springt die neu
geplante Gebäudeflucht um einen Meter gegenüber der jetzigen Bebauung zurück. Der neue Block hat gemäß seiner innerstädtischen Lage vis-à-vis der Altstadt und auf Grund des umfangreichen
Raumprogramms eine durchgehende Wandhöhe von 11 Metern. Im Bereich der geplanten Gebetsräume an der südöstlichen und südwestlichen Ecke des Blocks verspringt die Attika um zwei Meter nach oben, um
die Sondernutzung und Stellung des Gemeindezentrums als Ort des gesellschaftlichen und sakralen Lebens in Freising im Stadtkörper wahrnehmbar werden zu lassen. Diese Höhenentwicklung wird jedoch die
Einleitung eines Bauleitverfahrens mit Aufstellung eines Vorhaben bezogenen Bebauungsplanes erforderlich machen, da die sonst nach Bayerischer Bauordnung geltenden allgemeinen Vorgaben zu den
Abstandsflächen nicht eingehalten werden können.
Nutzungsverteilung und Erschließung
Das Raumprogramm der Gemeinde wird im vorliegenden Bebauungsvorschlag fast nahezu erfüllt. Der Haupteingang befindet sich an der Wippenhauser Straße. Über einen Vorraum erreicht man das Herz des
Gemeindezentrums. Das innenliegende Foyer wird durch einen 15 x 3 Meter messenden und 7 Meter hohen Lichtschacht mit Tageslicht versorgt. Um diesen Lichtschacht gruppieren sich auch die beiden
Treppenhäuser und die über dem Foyer liegenden Galerien. Alle Funktionen des Gemeindezentrums werden von diesem Raumgefüge aus erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich mit dem frei unterteilbaren
Kongress- bzw. Festsaal, dem Restaurant und der Kinderbetreuung die öffentlichen Funktionen des Hauses. Im ersten Obergeschoss sind neben den Nebennutzungen wie Garderoben und Toiletten die
Verwaltung, die Schulungsräume und die Aufenthaltsräume des Gemeindezentrums untergebracht. Den beiden Gebetssälen wird mit ihren hohen Decken und indirekter Tageslichtführung eine außerordentliche
Stellung im Raumgefüge des Gemeindezentrums zugesprochen. Sie bilden zusammen mit den Vorbereitungsräumen und den Jugendbereichen den sakralen Bereich im zweiten Obergeschoss. In den beiden
Untergeschossen befinden sich neben Technik und Lagerräumen die beiden Ebenen der Tiefgarage mit insgesamt 54 Stellplätzen. Deren beide Treppenhäuser münden nicht im Foyer des Gemeindezentrums
sondern in den Zugangsbereichen, sodass die Tiefgarage unabhängig vom Gemeindezentrum genutzt werden kann.
Konstruktion und Material
Das Gemeindezentrum wird als Stahlbeton Massivbau in monolithischer Bauweise errichtet. Die Oberflächen des hellen Betons bleiben unverputzt und werden in hoher Oberflächenqualität ausgeführt. Die
hinterlüftete Ziegelfassade besteht aus handgefertigten hell beigen Steinen im Langformat. Deren Fensteröffnungen und die Metallrahmen der dahinter liegenden Fensterelemente sind von ihren
Abmessungen und Detail so gestaltet, dass die Ansichtsflächen der Rahmen hinter den Ziegelsteinen verschwinden und lediglich die „rahmenlose“ Festverglasung wahrnehmbar ist. Vor die Fensterelemente
werden großformatige, feststehende Holzlamellen angebracht, die wie die traditionellen dekorativen Holzgitter, die Maschrabiyya, einerseits für eine Verschattung und andererseits für einen gezielten
Einblickschutz sorgen. Durch die Anordnung von baulich neben- und hintereinander liegenden Festverglasungen, Öffnungsflügeln und Horizontallamellen werden der jeweiligen Nutzung geschuldete
Kompositionen entwickelt. Insbesondere die Steuerung des Ein- und Ausblicks wirkt sich hierbei gestaltbildend aus. Während die Fußböden in den Eingangsbereichen, dem Foyer, den Treppenhäusern und den
Galerien in geschliffenem Estrich gleich einem traditionellem Terrazzo vorgesehen sind, sollen die Böden in den Aufenthaltsräumen mit geöltem Eichenparkett ausgelegt werden. Türen und festeingebaute
Möbel sind ebenfalls in Eiche geölt angedacht. Im Zentrum des mehrgeschossigen Foyerbereichs befindet sich eine randvoll mit Wasser gefüllte Schale, deren stetig überlaufender Wasserspiegel für ein
akustische Untermalung des Raumes sorgt.