Gewerbehof Ingolstadt
Vertiefte Machbarkeitsstudie für die IFG Ingolstadt AöR
Städtebau & Baukörper
Das Bebauungskonzept basiert darauf, die im Bebauungsplan angegebenen, maximal zulässigen Geschossflächen im Sinne einer maximalen wirtschaftlichen Ausnutzung des Grundstücks möglichst genau zu
erreichen. Hierzu werden auf dem Grundstück zwei typologisch gleiche, kompakte Baukörper gesetzt, die durch deren fünfgeschossige Ausführung die im Bebauungsplan eingetragene, maximal zulässige
Wandhöhe nahezu erreichen. Die Bebauung des Grundstücks kann dabei in zwei Schritten erfolgen. Der erste Bauabschnitt wird im nordöstlichen Bereich des Baufeldes so angeordnet, dass an der
südwestlichen Längsfassade noch Freiflächen für eine Reihe von Kleintransporter Stellplätzen sowie für die benötigte Anlieferungen freigehalten werden können. Der zweite, hinsichtlich seiner
Längsabmessung etwas größer geplante Baukörper wird in seiner Längsausrichtung um 90 Grad zum ersten gedreht, im südwestlichen Teil des Baufeldes platziert. Die Lage wird dabei so gewählt, dass an
der südöstlichen Längsfassade Freiflächen für zwei Reihen von Stellplätzen für Kleintransporter sowie für die Anlieferungen freigehalten werden können. In Verbindung mit dem auf dem im Nordwesten
angrenzenden Grundstück vorgeschlagenen Baukörper ergibt sich auf Grund der Nähe der drei Volumina untereinander und den Abständen zur baulichen Umgebung die Wahrnehmung einer Gebäudegruppe. Dabei
ist im Sinne einer Baugruppe explizit beabsichtigt, dass die äußeren Fassaden der drei Baukörper nicht auf gemeinsamen Fluchten zu liegen kommen.
Funktion & Erschließung
Der bauliche Lösungsvorschlag basiert auf einer konzeptionelle Neuentwicklung der Bauaufgabe Gewerbehof. Dabei stand im Vordergrund, ein Maximum an Gewerbeflächen mit einem sehr hohen Anspruch an
Kommunikation, Gemeinschaft und Orientierung im Gebäude anzuordnen. Diese Zielsetzungen führten dazu, dass man sich hier gegen die klassische Erschließung der Nutzungsflächen über geschossweise und
damit räumlich getrennte Mittelflure entscheiden hat. Das hier angewendete Erschließungs- und Flächenkonzept ist entlehnt von historischen Gewerbe- und Bürobauten aus dem 19. Jahrhundert. Dabei
werden die Nutzungsflächen nicht nur an den Längsfassaden, sondern auch an den Stirnfassaden angeordnet. In den Obergeschossen werden diese über ringförmige Galerien erschlossen in deren Mitte sich
eine über alle Geschosse durchgehende Halle befindet. Die Versorgung mit Tageslicht und Frischluft erfolgt ein Oberlicht in Größe der Grundfläche der Halle. Die separat zu den Gewebeflächen
vermietbaren Sanitärräume werden in Blöcken zusammengefasst und bilden in über die Geschosse gestapelter Form massive Raumpfeiler, die frei in der Halle stehen. Dadurch kann vermieden werden, die
benötigten Sanitärflächen in der Raumschicht der Gewerbeflächen platzieren zu müssen, was wiederum eine uneingeschränkte Einteilbarkeit und Möblierung der Gewerbeflächen ermöglicht. Im Erdgeschoss
werden die Gewerbeflächen zum Zentrum des Gebäudes um etwa fünf Meter hin vergrößert. Dadurch gibt es im Erdgeschoss keine Galerien sondern lediglich ein H-förmiges System aus gebäudeinternen
„Straßen“ mit einer lichten Breite von knapp fünf Metern und die vermietbare Gewerbefläche im Erdgeschoss kann massiv erhöht werden, wobei die Erschließung der einzelnen Gewerbeeinheiten gleichzeitig
gewährleistet bleibt. Die Flächenkonzeption ermöglicht in den Obergeschossen Gewerbeeinheiten von 50 qm und im Erdgeschoss Gewerbeeinheiten von 75 qm. Während die Gewerbeflächen im Erdgeschoss eine
Raumhöhe von etwa 4,00 Metern haben und direkt vom Innenhof jeweils über ein Sektionaltor und eine Außentüre erschlossen werden können, bekommen die Flächen in den vier Obergeschossen eine Lichte
Raumhöhe von etwa 3,00 Metern. Dies in den Obergeschossen vorgesehenen Gewerbeeinheiten werden jeweils über zwei Treppenhäuser, zwei Personen-, zwei Großlastenaufzüge (5,50 m x 3,00 m Lichte) an den
Lieferhof angeschlossen. In den Untergeschossen befinden sich umfangreiche Lagerflächen und Tiefgaragen für herkömmliche PKW Stellplätze. Über die geplanten, großflächigen Photovoltaik Anlagen auf
den Flachdächern soll hierbei eine maximal mögliche Anzahl von Stellplätzen für Elektroautos mit regenerativer Energie bedient werden. Bei der weiteren Durchplanung des Konzeptes im Rahmen eines
Vorentwurfs werden im Erdgeschoss noch Gewerbeflächen zu Flächen für die Müllentsorgung, für den Hausmeisterdienst und für die Verwaltung umgewidmet werden müssen; im Untergeschoss werden
gegebenenfalls noch Lagerflächen zu Gunsten von benötigten Technikflächen aufgegeben werden. Durch die Vergrößerung der Gewerbeeinheiten im Erdgeschoss hin zur Gebäudemitte wird die darüber liegende,
ringförmige Verkehrsfläche ebenfalls zur Halle hin vergrößert, so dass die ringförmige Verkehrsfläche im ersten Obergeschoss mit zusätzlichen Ausstellungs- und Kommunikationsflächen für die Nutzer
eher an eine Plattform als an eine Galerie denken lässt.
Gestaltung & Konstruktion
Bei der Auswahl der Gestaltungs- und Konstruktionsmittel wurde Wert auf Langlebigkeit, auf niedrige Betriebskosten sowie auf eine hohe Aufenthaltsqualität ein adäquates Äußeres gelegt. Dies
Zielsetzungen sollen gewährleisten, dass der städtische Gewerbehof von Anfang an und auch über die Jahre hinweg auch trotz der Lage „vor den Toren Ingolstadts“ als eine öffentliche und kompetente,
verlässliche Adresse wahrgenommen wird, und sich damit signifikant von den Gewerbebauten in der Nachbarschaft abhebt. Für den Bebauungsvorschlag wird dementsprechend ein verlässliches Tragwerk aus
Stahlbeton gewählt. Wände, Stützen und Treppenläufe werden gemäß ihren statischen Anforderungen dimensioniert und werden zum Teil als Fertigteile ausgeführt. Die Decken über dem Erdgeschoss und den
Obergeschossen sind auf Grund der vom Bauherrn angesetzten Nutzung mit moderaten Flächenlasten noch als Flachdecken möglich. Lediglich die Geschossdecke über dem Untergeschoss muss auf Grund ihrer
erhöhten statischen Anforderungen mit einer Flächenlast von 10 kN/qm (Befahrbarkeit mit Transportern und Gabelstaplern) entweder in Ihrer Dimension gegenüber den übrigen Decken angepasst, vorgespannt
oder in Form einer Rippendecke ausgeführt werden. Den eingangs genannten Zielsetzungen folgend erhalten die Gebäude des Gewerbehofs im Bereich der Obergeschosse eine vorgehängte, hinterlüftete
Fassade aus geschlämmten Klinkern, die eine homogene und gleichzeitig „lebendige“ Oberfläche ermöglicht und bei näherer Betrachtung in Anlehnung an die historischen Industriebauten der vorletzten
Jahrhundertwende detailtechnisch, und plastisch weiter ausgearbeitete Bereiche zeigt (Attika, Fensterbretter, Stürze, Gebäudeecken). Der gegebenenfalls benötigte Sonnenschutz wird über außenliegende,
geführte Raffstores aus dunkelgrau eloxiertem Leichtmetall gewährleistet. Das Erdgeschoss erhält im Sinne einer robusten Dauerhaftigkeit eine Fassade aus dunkel eingefärbten Stahlbetonfertigteilen.
Die Rahmen und Öffnungsflügel der Fensterelemente sowie die Rahmen der Sektionaltore sollen aus Stahlprofilen hergestellt und mit dem Farbton der Stahlbetonfertigteile kratzfest beschichtet werden.
Alle Applikationen wie Griffe, Handläufe oder Beschläge werden in mattem Edelstahl ausgeführt. Die Gestaltung der öffentlich zugänglichen Innenräume erfolgt gemäß der vorbeschriebenen Haltung.
Tragende Wände und Decken in Sichtbeton mit geordnetem Fugen und Ankerbild; Innentüren, Einbaumöbel und Trennwände erhalten eine robuste Oberfläche aus geölter Eiche; Die verglasten Brand- und
Rauchabschnittstüren werden aus Stahlprofilen hergestellt und im gleichen Farbton kratzfest beschichtet. Nahezu alle Böden werden in Gussasphalt oder alternativ in versiegeltem Industrieestrich
ausgeführt. Während auch im Innenraum alle Griffe und Handläufe in mattem Edelstahl angedacht sind, sollen Schalter und Taster aus dauerhaftem, anthrazitfarbenen Kunststoff eingebaut werden. Die
Beleuchtung in den öffentlich zugänglichen Bereichen erfolgt über Leuchten, die so in das Bauwerk integriert sind, dass deren Licht blendfrei und im Dienste einer stabilen Raumwahrnehmung abgegeben
werden kann. Die öffentlich zugänglichen Bereiche (Straße, Halle, Galerien) erhalten so eine farblich zurückhaltende jedoch qualitativ hochwertige Gestaltung, und werden belebt durch das
Licht-und-Schatten-Spiel des durch das Oberlicht einfallenden und an den Raumpfeilern weich im Raum verteilten Tageslichts. Akzente mit farbigen Kunstlicht werden hier nicht benötigt. Die Beheizung
der Gewerbeflächen erfolgt über herkömmliche Plattenheizkörpern, die im Bereich der Fensterbrüstungen angebracht werden können. Die Halle im Zentrum des Hauses soll in Art eines überdachten Innenhofs
lediglich temperiert werden, sodass hier Flächenheizkörper in den vier Raumnischen zu den Aufzügen und Büros ausreichen sollten. Die Wärmequelle selbst muss im Rahmen einer weiteren Vertiefung der
Planungen festgelegt zusammen mit entsprechenden Fachplanern gemäß der örtlich vorhandenen Möglichkeiten festgelegt werden. Nahezu alle Nutzungsflächen erhalten über Fenster und Lichtschächte Zugang
zu einer natürlichen Belüftung. Eine mechanische Belüftung wird nur für die innenliegenden Sanitärräume benötigt. Da diese übereinander liegen und lediglich ein geringes Luftwechsel Volumen
aufweisen, kann auf eine zentrale Anlagentechnik verzichtet werden.