Programmkino im Angerbader Areal Freising

Bebauungsstudie für die Stadt Freising

 

 

 

 

 

Hintergrund
"Die städtebaulichen Entwicklungspotenziale im Stadtgebiet Freising sind durch den Flughafen im Süden, den Bannwald im Norden und das Freisinger Moos im Westen erheblich eingeschränkt. Hieraus ergeben sich das Erfordernis auch kleinteilige innerstädtische Flächen zu entwickeln. Der Stadtentwicklungsplan 2030 formuliert das Ziel einer Konzentration der wohnlichen Siedlungsentwicklung auf den Hauptort Freising. Das Planungsgebiet hält das Potenzial für zentrumsnahe Entwicklung vor, ohne andere Funktionen zu verdrängen. Aufgrund der örtlichen Rahmenbedingungen in Verbindung mit der Prägung der Bestandsbebauung ergibt sich hier die seltene Chance diese Nachfrage zu bedienen. Ein besonderes Interesse liegt in der Planung und Ansiedlung einer innerstädtischen Kinonutzung. Aufgrund großer Nachfrage aus der Bevölkerung besteht Handlungsbedarf. Zentrale Aufgabe besteht in der Planung und Integration einer Kinonutzung im Bereich des Grundstückes mit der Flurstücksnummer 618, 618/1. Diese Nutzung liegt im Interesse der Öffentlichkeit und Stärkung des innerstädtischen Zusammenseins. Überlegungen bestehen hinsichtlich der Verortung und einer Umnutzung zum Kino in Teilen der Bestandsgebäude oder einer Neuplanung in Kombination mit weiteren Nutzungen." (Quelle: Studie zur Entwicklung des Angerbaderareals vom 21.01.2020)


Rahmenbedingungen
Die benachbarten Gebäude stehen teils sehr nahe an den Grundstücksgrenzen des zur verfügung stehenden Umgriffs und ergeben eine durchaus beengte räumliche Situation. Auf dem schmalen Grundstück wären bei Einhaltung des regulären Baurechts zudem nahezu keine Flächen unterzubringen. Daher wird es aller Voraussicht nach notwendig sein, das notwendige Baurecht über die Erstellung eines Bebauungsplanes zu erwirken. Von diesem Prozedere wurde bei der Erstellung der Studie ausgegangen. Dennoch muss auch unter diesen angenommenen, baurechtlichen Umständen jedes neu zu errichtende Gebäude den speziellen Rahmenbedingungen insbesondere unter Einhaltung folgender Aspekte Rechnung tragen: Sicherstellung der natürlichen Belichtung und Belüftung; Sicherstellung des Brandschutzes; Sicherstellung der Fluchtwege. Bei der anvisierten Nutzung eines Programmkinos müssen darüber hinaus folgende funktionsspezifische Punkte berücksichtigt werden: Vermeidung von Emissionen (Lärm, Licht, Müll); Sicherstellung des Parkraums für private PKW.


Zielsetzungen
Neben der Unterbringung möglichst vieler der in der Aufgabenstellung aufgeführten Nutzungen und der Berücksichtigung der oben genannten Rahmenbedingungen haben wir mit der Erstellung des baulichen Lösungsvorschlages folgende Ziele verfolgt: Der Bestand an der General-von-Nage-Straße (Vorderhaus) soll in seinen Abmessungen und seinem Erscheinungsbild zur Innenstadt hin weitestgehend erhalten bleiben. Nach Möglichkeit sollten auch die öffentlich genutzten Räumlichkeiten im Inneren des Gebäudes erhalten und fachgerecht saniert werden. Das Programmkino selbst soll einen gestalterischen Ausdruck bekommen, der einerseits den wirtschaftlichen Vorgaben der Betreiber gerecht wird und bei den Gästen zum Thema passende Assoziationen weckt (Film, Kunst, Theater und deren Produktion). Gleichzeitig soll das neue Haus an den Ort passen und hier möglicherweise Bezüge baulicher oder bautypologischer Art aufnehmen.


Städtebau
Das Vorderhaus bleibt in seinen Abmessungen sowie seiner Höhenentwicklung und Dachform gleich. Hier werden also im Sinne des Ensembleschutz keine stadträumlichen Veränderungen vorgenommen. Bei der Dimensionierung und Gestaltung der mussten einerseits die oben genannten Rahmenbedingungen und andererseits die gestalterischen Ziele erfüllt werden. Dadurch ergab sich ein Baukörper der aus drei hintereinander gestaffelten "Scheunen" besteht. Diese nehmen in ihrer Tiefe so zu, dass einerseits das leicht konisch verlaufende Grundstück optimal ausgenutzt und andererseits drei unterschiedlich große Kinosäle angeboten werden können. Durch ihre gleich geneigten Pultdächer und die auf der Höhe von drei Metern durchlaufende Traufe ergibt sich dabei auch eine Höhenstaffelung der drei Firstlinien. Die Zerlegung der Kubatur in drei ablesbare Teile bedient das Bild einer gewachsenen, rückwärtigen Bebauung. Die eigentlich vergleichsweise große Kubatur wird gegliedert und ordnet sich dem bestehenden Vorderhaus in gewissem Maße unter.


Funktion
Der Neubau beherbergt die drei neuen Kinosäle des Programmkinos. Auf Grund ihrer Abmessungen und aufsteigenden Sitzreihen können sie nicht sinnvoll im Bestand untergebracht werden. Die drei Säle bieten insgesamt 194 Sitzplätze an und erhalten jeweils eine eigene Akustikschleuse und einen eigenen Regieraum. Erschlossen werden die drei Säle ebenerdig über eine lang gestreckte, ostwest verlaufende Halle. Zusammen mit der Durchfahrt im Altbau gewährleistet sie die gewünschte Durchlässigkeit in Ost West Richtung. Kinocafé, Ticketverkauf und Gästetoiletten finden ihren Platz im Erdgeschoss des Altbaus. Die alte Durchfahrt wird erhalten und als Foyer mit kleinem Ausstellungsbereich genutzt. Von dort kann man den Vorführbereich im Hinterhaus betreten oder über das in Teilen sanierte und in Teilen ergänzte Treppenhaus in die zwei Obergeschosse gelangen. Dort wurden die Grundrisse neu organisiert. Die leistungsfähige Erschliessung aus der Mitte heraus und die gut nutzbaren Raumzuschnitte ermögliche neben der in Plänen und Programm dargestellten Büronutzung selbstverständlich auch eine Nutzung als Praxis oder als Wohnung.


Gestaltung
Das Vorderhaus soll in seinem äußeren Erscheinungsbild weitestgehend erhalten bleiben. Selbstverständlich werden alle Fenster- und Türelemente neu und nach den aktuellen Bestimmungen gefertigt und eingebaut. Die energetischen Vorteile eines möglichen, neuen Wärmedämmverbundsystems muss abgewogen werden mit der damit verbundenen Erhöhung der Bauteildicke und den dadurch resultierenden Versprüngen der Wandflächen. Im Inneren des Altbaus werden die Raumhüllen der Durchfahrt, des Cafés und des Treppenhauses im Sinne des Denkmalschutzes saniert und detailliert gestaltet. Die neugestalteten Nutzungseinheiten in den Obergeschossen sind im Sinne einer späteren Nutzungsvielfalt mit neutralen Oberflächen (Decke und Wände weiß gestrichen) und einem robusten Boden (Eichenparkett geölt) ausgestattet. Die Fassade und die Dachdeckung des Neubaus bestehen gleichermaßen aus vorpatinierten Kupfer (z.B. Fabrikat TECU). Zuschnitt und Verlegerichtung der Bleche erinnern hierbei an eine vertikale Holzschalung, sodass das anvisierte Bild der "drei Scheunen" auch hinsichtlich der Gestaltung mitgetragen wird. Wandöffnungen befinden sich im Sinne der Abschottung zur nördlichen Wohnbebauung lediglich an der Südfassade (Fensterelemente gegenüber der drei Saalzugänge) und an der Ostfassade (Nebeneingang zum bestehenden Parkplatz). Während alle erdberührenden, statisch relevanten Bauteile das Neubaus aus Stahlbeton gegossen werden, werden Wände und Dächer das Neubaus aus vorgefertigten Vollholzelementen errichtet, deren sichtbare Oberflächen nur geschliffen werden. Neben bauorganisatorischen, wirtschaftlichen und raumklimatischen Vorteilen zeichnet diese Bauart dadurch aus, dass sie dem Nutzer im Innenraum vermittelt, dass das Gebäude in seiner Nutzung als Programmkino und an seinem Platz in rückwärtigen Lage keinen Anspruch auf Dauerhaftigkeit erhebt. Der Bodenbelag in der Halle und den Nebenräumen besteht aus geschliffenem Gussasphalt, der auf einem Heizestrich aufgebracht wird. Die Kinosäle erhalten einen dunkelgrauen Teppichboden, der auf einem aufgeständertem Hohlboden verlegt wird. Dieser schafft die geometrischen Voraussetzungen für die aufsteigenden Sitzreihen und den Einbau einer Quelllüftung. Deckenuntersichten und Wandoberflächen erhalten die für die Raumakustik und den Schallschutz benötigten Maßnahmen und eine Oberfläche aus transparent lackiertem Holzfurnier. Die Grundbeleuchtung der Säle wird über eine indirekte Beleuchtung hergestellt. Darüber hinaus gibt es Pendelleuchten, dem hohen Saal eine räumliche Zonierung und einen feierlichen Charakter verleihen.